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Anschläge von Paris: Bekämpft den Wahnsinn mit Vernunft!

Heute sind unsere Gedanken bei den Opfern des Terrorismus in Frankreich. Die Anschläge von Paris haben uns die ganze Tragweite der Auseinandersetzungen, in die wir als Einwohner unserer Länder verstrickt werden, erneut vor Augen geführt. Wir müssen angesichts dieses Schreckens zu Umsicht, Vorsicht und, am wichtigsten, Vernunft mahnen.

Wir – Linke, Sozialisten, Kommunisten – sind grundsätzlich solidarisch mit allen Zivilisten, die mit heimtückischer Gewalt angegriffen werden, ob nun durch das türkische Militär oder Selbstmordattentäter des IS. Unsere Gedanken sind bei den ausgelöschten Leben und den Hinterbliebenen, denen wir nun nur noch Kraft im Angesicht unersetzlicher Verluste wünschen können. Die Ereignisse in Paris sind ein Schlag gegen den relativen Frieden in den westlichen Ländern, von denen aus der so genannte Krieg gegen den Terrorismus geführt wird. Sie sollen uns erschüttern und verunsichern.

Der Westen muss jetzt ruhig abwägen, wie er reagiert. Was gestern in Paris geschehen ist darf nicht dazu führen, dass nun reflexiv mit militärischen Mitteln reagiert wird. Das sind Mittel, mit denen der Terrorismus nicht bekämpft werden kann. Der Westen hat bei seinem Krieg gegen den Terrorismus insbesondere dem islamischen Terrorismus erst zu seiner heutigen Größe verholfen. Es erscheint unlogisch, aber dieser Krieg macht erwiesenermaßen mehr Terroristen, als er umbringt. Seit 2001 hat sich nicht nur die Zahl der international gesuchten Terroristen vervielfacht, auch die Zahl der Angriffe hatte alleine im Zeitraum vom 2001 bis 2012 um 460% zugenommen: Der Krieg gegen den Terror ist gleichzeitig auch das große Rekrutierungsbüro der Terroristen. Bei den durch westliche Staaten meist aus der Luft geführten Angriffen nehmen die westlichen Militärs eine unglaubliche Zahl ziviler Verluste billigend in Kauf. Sie erscheinen den Menschen am Boden dabei wie feige Mörder, die aus der sicheren Höhe den Tod ohne Unterschied auf Terroristen, Hochzeitsgesellschaften und Krankenhäuser herab regnen lassen. Dazu foltern und entführen die westlichen Geheimdienste, was das Zeug hält, und fügen damit der Humanität und der Demokratie, die sie zu verteidigen behaupten, international unermesslichen Schaden zu. Das sind die Umstände, unter denen junge Menschen zu Terroristen werden.

Ähnlich wie in Israel und Palästina kalkulieren auch die Terroristen des IS die Vergeltungsschläge der von ihnen Angegriffenen mit ein. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden, auch wenn das bedeutet, den Terrorismus nur mit den Mitteln der Strafverfolgung zu bekämpfen. Wird mit militärischen Mitteln Vergeltung geübt, ist das nur eine Bestätigung für die Terroristen die sich gegenüber den „Kollateralschäden“ (den Opfern der westlichen Luftangriffe) als deren Beschützer verkaufen.

Und als wäre die Situation an diesem Punkt nicht schon kompliziert genug, waren und sind westliche Staaten seit Jahrzehnten immer wieder so verantwortungslos, Bündnisse mit religiösen Fanatikern einzugehen, wenn ihnen diese nutzen könnten. Diese wahnsinnige Politik hat ihren Anfang schon Ende der 70‘er des letzten Jahrhunderts in Afghanistan genommen, als die USA dort Gotteskrieger beim Kampf gegen die gewählte sozialistische Regierung unterstützten. Die IS ist das jüngste Kind dieser Familie. So lange der Westen seine Rolle in diesem Spiel verleugnet und stattdessen selbst auf islamistische Terroristen als Handlanger im Kampf gegen seine eigenen Feinde, wie zuletzt in Libyen und Syrien, zurück greift, ist eine Lösung des Problems unmöglich. Die Opfer von Paris klagen nicht nur ihre Mörder an, sondern auch jene, die ihnen die Waffen gaben und geben.

Gleichzeitig muss man denen entschieden widersprechen, die nun einen Zusammenhang zwischen der Religion und dem religiösen Fanatiker leugnen wollen: Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Terror des Islamischen Staates sowie anderer moslemischer Mörderbanden und dem Islam.

Wie jede Religion, keinesfalls zuletzt das Christentum, ist auch der Islam zu höchster Unmenschlichkeit bei der Durchsetzung seiner Ziele fähig. Dass es zwischen den Moslems teils erhebliche Differenzen bei der Auslegung des Koran gibt, ist dabei nicht wirklich relevant. Moderate Moslems sind ebenso wie moderate Christen bemüht, die oft blutlüsterne und perverse Hetze in ihren „heiligen Schriften“ als Gleichnisse zu verharmlosen, die so nur in einem bestimmten kulturellen Zusammenhang verstanden werden dürften (während sie gleichzeitig die unveränderliche Unfehlbarkeit ihrer imaginären Vaterfigur betonen). Die Wahrheit ist, dass man den irrationalen Aspekt des religiösen Glaubens nicht von dem mörderischen Irrsinn trennen kann, mit dem fanatische Gläubige Ungläubige und Andersgläubige bekämpfen, denn aus dem Glauben und ihrem unterstellten Wissen um die Wünsche ihres Superwesens leiten sie ihre Rechtfertigungen ab – aber das ist keine Eigenheit des Islam. Dabei sind die Fundamentalisten aus allen Lagern stets näher an dem Wortlaut ihrer „heiligen Schriften“. Übrigens: Deswegen nennen wir sie so. Sie berufen sich auf die Fundamente ihrer jeweiligen Religion, und der Keller ist feucht, schimmlig und voller Leichen.

Religionsgemeinschaften sind keine Verteidiger des Friedens sondern selbst-erklärte Feinde des Fortschritts und der Vernunft. Will die Menschheit erwachsen werden, muss sie sich endlich von all diesen Märchen aus der Bronzezeit verabschieden.

Eine Vermischung der Vorfälle mit der Flüchtlingsdiskussion in Deutschland ist irrational und kontraproduktiv.

Diese Menschen, die uns in diesen Tagen auch in großer Zahl aus Syrien erreichen, flüchten vor den selben militärisch organisierten Terroristen, die sich zu den Anschlägen von Paris bekannt haben. Sie kommen aus einem Land, dass eine weit strengere und konsequentere Trennung von Religionen und Staat pflegt, als zum Beispiel das Bundesland Nordrhein-Westfalen (in dessen Verfassung die Ehrfurcht vor Gott als Ziel der Erziehung nach wie vor verankert ist). Syrien ist ein Staat, in dem traditionell Christen, Juden, Alewiten, Schiiten und Sunniten gleichberechtigt neben einander leben. Diese Menschen tragen weit weniger Schuld an dem Terror als unsere eigenen Regierungen. Wir müssen entschlossen jedem entgegentreten, der die Tragödie von Paris benutzen will, um seine fremdenfeindliche und rassistische Hetze zu verbreiten und Vorurteile gegen diese Menschen zu schüren, die ihre Heimat verließen um ihr Leben zu retten.

Seid stark und beherrscht Euch, zeigt Vernunft im Angesicht der Unvernunft.

Kommentar von Fritz Ullmann: Ganz normale Freiheit – Abschaffung der Feiertagsruhe

Der folgende Kommentar wurde bereits 2013 von Fritz Ullmann geschrieben. Wir veröffentlichen ihn an dieser Stelle erneut, weil sich an dem Problem, das er anspricht, seither eigentlich nichts getan hat. Zur Erinnerung also, das ist nach wie vor Recht und Gesetz in NRW:

Fritz UllmannDie Abschaffung der religiösen Feiertagsruhe ist von jeher ein gemeinsames Anliegen der deutschen Linken und Atheisten. Denn: Bei diesen Gesetzen geht es einzig und alleine um die gezielte Einschränkung der grundsätzlichsten Freiheiten Nicht- und auch Andersgläubiger!

Das Gesetz über Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz NRW) verbietet in § 6 „Stille Feiertage“ am Karfreitag ganz grundsätzlich verschiedenste Veranstaltungen, insbesondere mit unterhaltendem Charakter (das sog. Tanzverbot). Dabei ist es nicht einmal wichtig, ob der Spaß, den man haben will, öffentlich ist, denn auch „alle nicht öffentlichen unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen bis zum nächsten Tag 6 Uhr“ (§ 6 (3) 2.) sind verboten. Ja, sogar „die Vorführung von Filmen, die nicht vom Kultusminister oder der von ihm bestimmten Stelle als zur Aufführung am Karfreitag geeignet anerkannt sind“ (§ 6 (3) 3.) ist verboten. Dachten Sie etwa, es gäbe keine Zensur in Deutschland?

Wohlgemerkt, die Rechte der Christen sind von der gesetzlichen Karfreitagsruhe (sowie jeder anderen gesetzlichen Feiertagsruhe) nicht einmal betroffen. Sie schränkt lediglich die Rechte Anderer ein. Oft wird versucht, das herumzudrehen: Es sei intolerant gegenüber den Christen, die gesetzliche Feiertagsruhe abschaffen zu wollen. Inwiefern eigentlich? Es will niemand den Christen das Recht nehmen, selbst an diesem Feiertag ruhig und bescheiden zu sein. Im Gegenteil – Ich als Atheist befürworte es ausdrücklich, wenn Christen ruhig sind. Darum geht es also nicht.

Liebe Christen, seid ihr doch auch mal tolerant. Wir ertragen Euch doch auch.

Wir wollen nur anders sein dürfen; anders als Ihr. Das verbietet Ihr uns. Wir dürfen unsere Freizeit nicht verbringen, wie wir das für richtig halten. Alle haben sich an den Gebräuchen der Christen zu orientieren. Viel intoleranter kann man nicht sein. Sind Respekt und Unterwerfung bei diesen Menschen immer noch synonym?
Die gesetzliche Feiertagsruhe gesteht einer Bevölkerungsgruppe auf Grund religiöser Überzeugungen also das Recht zu, die Freiheiten aller anderen an bestimmten Tagen erheblich einzuschränken. In einem Staat, der bürgerliche Freiheiten auf seine Fahnen schreibt, sind solche Gesetze einfach nur ein primitives Unding.

Was hat man eigentlich davon, Nicht- und Andersgläubige zu gängeln? Sinn macht nur eines: Mit dieser Schikane Anderer wird die christliche Vorherrschaft in der bundesdeutschen Gesellschaft verteidigt. Es ist eine Machtfrage. Jedoch herrscht in der Bundesrepublik eine uneingeschränkte Bekenntnisfreiheit, zumindest, wenn man sich am Grundgesetz orientiert. Diese Bekenntnisfreiheit muss endlich praktisch durchgesetzt werden – eben ohne jede Einschränkung! In einer freien Gesellschaft soll sich keiner den Ritualen anderer unterordnen müssen.

Diese Gesetze müssen ersatzlos verschwinden! Und bis dahin gilt es, zivilen Widerstand zu leisten – Und das ist hier zur Abwechslung mal ganz angenehm.

Also, für heute Abend: Feiert schön, tanzt und setzt der christlichen Unterdrückung Eure ganze Lebensfreude entgegen!

Radevormwald, den 29. März 2013